5. September 2014

Usbekistan / Tag 111-125: Wo sind denn hier die Kamele?



Bevor wir uns nach Usbekistan aufmachten, hatten wir auf der Seite des Auswärtigen Amtes eine sehr beunruhigende Info gelesen, wonach man für die Einreise mit Campingbus eine schweineteure Sondergenehmigung braucht. Ohne die könne man höchstens mit hoher Strafgebühr in’s Land gelangen. Um eine Genehmigung zu beantragen war es zu dem Zeitpunkt allerdings schon viel zu spät. Außerdem hatten wir von anderen Reisenden noch nie etwas von diesem Sonder-Wisch gehört. Wir ließen es also drauf ankommen…
Trotzdem nähern wir uns dem Zollbüro an der Grenze mit mulmigem Gefühl in der Magengrube - aber hier scheint niemand von irgendwelchen Genehmigungen zu wissen - zumindest fragt uns keiner danach. Ganz im Gegenteil: die Beamten sind sogar sehr freundlich und fertigen uns in kürzester Zeit ab. Bei der oberflächlichen Auto-Durchsuchung fällt dem Zöllner unser Yenga-Spiel in die Hände: „What’s that?? Show me!!“ Wir spielen also eine Runde Holzklötzchen stapeln mit ihm und können ihn davon überzeugen dass keine potentielle Gefahr von dem Gesellschaftsspiel ausgeht. 

Als Knut über dem Auto-Graben vor dem Zollhäuschen steht schaut Danny mal unter’s Auto und entdeckt einen kleinen Riss am Ende des Kühlerschlauchs. Das sollten wir schnellstens reparieren, bevor wir ein Leck im Kühlwasser-System haben.
Erster Stop in Usbekistan ist also mal wieder eine Werkstatt. Der Schlauch ist ratz-fatz repariert und der nette Mechaniker will nicht mal Geld dafür haben. Ein paar Fotos von uns und Knut sind ihm Lohn genug. Deutsche Werkstätten sollten sich wirklich mal ein Beispiel an ihren Kollegen im Ausland nehmen; zumindest was die Bezahlung angeht. Die usbekische Art des Auto-Aufbockens wäre sicher nicht ganz TÜV konform... 




Am Nachmittag erreichen wir unsere erste Station in Usbekistan: Bukhara. 
Schon von weitem leuchten die blauen Kuppeln der Moscheen über den sandfarbenen Gemäuern.



Nach der langen, heißen, staubigen Fahrt durch endlose Wüstenlandschaft wirkt die Stadt wie eine magische Oase auf uns. Wir malen uns aus wie die großen Karawanen nach Wochen langer Reise durch die Stadttore kamen, ihre Tiere in die Karawanserei brachten und auf dem Bazaar ihre Waren feil boten. In der wunderschönen Altstadt kann man sich das sehr gut vorstellen - es fehlen eigentlich nur die Kamele! 




Knut stellen wir mitten im Zentrum, auf einem Parkplatz ab. Niemanden stört es dass wir hier die nächsten fünf Tage campen - es interessiert die Leute nicht mal besonders. Nach all dem Rummel im Iran sind die ignoranten Usbeken zugegebenermaßen die reinste Erholung für uns, wir fühlen uns fast wie daheim.



Nur ein paar Jungs die neben dem Parkplatz Limonade verkaufen kommen uns regelmäßig besuchen. Danny zeigt ihnen Tricks auf dem BMX, sie schwatzen uns ein paar Münzen für ihre „Sammlungen“ ab und bekommen Bonbons von uns geschenkt. Außerdem dürfen sie unseren tollen chinesischen Drachen steigen lassen, was ihnen eine Menge Spaß macht. 



Leider bereuen wir es am dritten Tag ihnen den Drachen überlassen zu haben, denn der super coole Anführer der Gruppe wollte unbedingt testen wie lang die Schnur des Flugobjekts wohl ist: als er die Kurbel bis zum Ende ausgerollt hat, reißt die Leine und der Drache fliegt auf nimmer-wieder-sehen den Wolken entgegen. Von da an bekommen wir den Missetäter nicht mehr zu Gesicht, er ist anscheinend doch nicht so cool - sondern sogar zu feige um sich zu entschuldigen. Schade auf jeden Fall um den schönen Drachen! 





Jeden Tag schlendern wir durch die wunderschönen Gassen, unterhalten uns mit den Souvenir-Verkäufern und kaufen selber zum ersten mal ein paar Mitbringsel. 




Im ältesten und schönsten Kaffeehaus der Stadt schmeckt der Kaffe göttlich und die selbst gemachten Süßigkeiten können nur im Himmel besser sein. 



Die wunderschönen orientalischen Muster auf traditionellen Tüchern und Kissen inspirieren uns dazu das Innenleben von Knut künstlerisch aufzuwerten. Wir fragen nach dem besten Maler des Bazars und werden zu Jusuf geschickt. Eigentlich malt er den ganzen Tag Szenen aus 1001 Nacht, Ansichten von Bukhara oder Reiterbildnisse. Doch unsere Idee gefällt ihm. Er schlägt vor uns eine Schablone nach traditioneller Vorlage anzufertigen. Damit können wir die Muster dann selber auf die Möbel übertragen.



Am vierten Tag wird es so brütend heiß, dass wir es schon um 10:00 Uhr morgens kaum noch aushalten. Wir beschließen an einen nahe gelegenen See zu fliehen, der laut der Einheimischen „very, very beautiful“ sein soll. Besser als in der Stadt zu bleiben ist es allemal.
Die Straßen dorthin sind alles andere als „beautiful“, aber unser Knut ist ja schon einiges gewohnt und schleppt sich bei 48°C mühelos über meterhohe Spurrinnen. 



Wenn wir es nicht sicher wüssten, wir hätten hier in der Gegend niemals einen See vermutet. Nur staubige Steppe soweit das Auge reicht, kein Baum, kein Busch, nur ein paar welke Grashalme neben der Straße. Doch tatsächlich taucht wie aus dem Nichts ein riesengroßer See auf. Wir können es kaum erwarten in’s Wasser zu springen. 



Das Baden ist wunderbar! Vor allem nach der verschleierten Iran-Zeit fühle ich mich frei wie ein Fisch als ich mich im Bikini in’s kühle Nass stürze. Den ganzen Tag verbringen wir im Wasser oder unter unserer Markise. Hören Musik, haben unsere Ruhe, niemand interessiert sich für uns, keiner spricht uns an und niemand bringt uns Essen an’s Auto - so langsam fangen wir doch an die Iranis zu vermissen!

Am nächsten Morgen quälen wir Knut zurück in die Stadt, wir wollen unsere Schablone beim Maler abholen und Danny hat noch ein Date mit einem echten Schmied. Bei ihm möchte er in die hohe Kunst des Damaszener-Stahl-Schmiedens eingeweiht werden. Zumindest hat der alte Mann ihm versprochen, dass er mal auf’s Eisen hämmern darf wenn das nächste Messer geschmiedet wird. 



In so einem handgeschmiedeten Messer stecken bis zu 10 Tage Arbeit. Der Stahl wird ganz flachgeklopft, dann in der Mitte gefaltet, wieder flach geklopft, abermals gefaltet und so weiter und so fort… mindestens 500 mal wird dieser Vorgang wiederholt, erst dann entsteht das einzigartige Muster und die legendäre Qualität der Klinge. Eine echt harte, schweißtreibende Arbeit wie auch Danny erfahren muss: Schon nach einer halben Stunde hämmern hat er Blasen an beiden Händen und Muskelkater in den Armen. 



Bevor wir die Schmiede verlassen erstehen wir noch eins der wunderschönen Messer. Eigentlich haben wir überhaupt kein Budget für so ein kostspieliges Souvenir, aber unser Jagdmesser wurde im Iran gestohlen und dieses meisterhaft gefertigte Messer scheint uns ein würdiger Ersatz zu sein. Außerdem ist es eine schöne Erinnerung an Bukhara und den charismatischen Schmied. 



In einem Cafe treffen wir zwei Deutsche die in Usbekistan Urlaub machen. Lukas und Simon wollen am nächsten Tag weiter nach Samarkand, haben aber kein Zug-Ticket ergattern können. Da wir ebenfalls nach Samarkand aufbrechen wollen, bieten wir ihnen zwei kostenlose Holz-Klasse-Tickets im Knut an, die sie liebend gerne annehmen. 



Nach dem Frühstück geht es also los auf die mit Schlaglöchern zersetzte „Autobahn“. Mit zwei zusätzlichen Passagieren an Bord muss Danny besonders umsichtig fahren und gibt sein bestes den Kratern so gut es geht auszuweichen. Trotzdem bekommen wir das Gefühl nicht los dass Knut viel stärker in’s Schaukeln gerät als üblich. Vielleicht sind die Stoßdämpfer hinüber, würde uns nicht weiter verwundern nach all den Buckelpisten die wir in den letzten Monaten gefahren sind. Sollten wir auf jeden Fall mal anschauen lassen.

Beim Mittagessen in einem Straßencafe bekommen wir das erste authentische Schaschlik serviert: viele dicke Fleischklumpen am Spieß, gegrillt über offenem Feuer mit mindestens einem triefenden Fett-Klumpen pro Spieß, der laut Danny und Simon vorzüglich schmeckt. Lukas und ich treten diesen kulinarischen Happen gerne an die beiden ab.
Bevor wir weiter fahren schenken wir einem jungen Mann mit Kuh an der Raststätte noch Dannys alte Adidas-Schuhe.



In Samarakand angekommen lassen wir unsere Passagiere vor einer Pension raus und verfahren uns anschließend eine Weile in den kleinen Gassen rund um’s Zentrum. Ein Wunder dass Knut hier überhaupt wieder raus gekommen ist, so eng und verwinkelt sind die Wege. 
Ganz anders im Zentrum: die gesamte Altstadt wurde vor einigen Jahren neu gestaltet: alte kaputte Pflasterwege wurden durch breite, asphaltierte Prachtstraßen ersetzt. Viele kleine Stadtparks wurden angelegt und um die alten Viertel, in denen die Bürger von Samarkand größtenteils leben, wurden Mauern gezogen. Scheinbar damit sich die vielen Touristen dort nicht verlaufen können. 


Die vielen Moscheen und Medresen sind natürlich immer noch wunderschön anzusehen und stehen unverändert an ihrem Platz, aber die Stadt versprüht nicht annähernd den ursprünglichen Charme wie das bezaubernde Bukhara. 
Nach einem feuchtfröhlichen Abendessen mit unseren Passagieren spazieren wir noch etwas durch das nächtliche Samarkand und schlafen dann auf dem Parkplatz neben einem Stadtpark. 


Am nächsten Morgen beschließen wir eine Werkstatt aufzusuchen um dem seltsamen Schaukeln auf den Grund zu gehen. Wie sich herausstellt gibt es einen triftigen Grund warum Knut bei der kleinsten Bodenwelle so in’s Wanken gerät und mit den Stoßdämpfern hat das nichts zu tun: Die Aufhängung der Blattfedern ist hinten links gebrochen! Es handelt sich dabei um ein ziemlich massives Eisenteil das glücklicherweise geschweißt werden kann. Allerdings ist es schon etwas rätselhaft wie so ein Drum brechen kann. Vielleicht muten wir dem armen Knut manchmal doch zuviel zu… 

Da wir sowieso schon in der Werkstatt sind, lassen wir auch gleich noch zwei Gummis an der Spurstange erneuern. Der freundliche Mechaniker lädt uns Mittags in sein Haus ein, wo wir von seiner Frau eine köstliche Suppe aus selbst angebautem Gemüse serviert bekommen. 


Die Reperatur dauert fast den ganzen Tag, kostet letztlich aber gerade mal 20€ (inklusive Trinkgeld und Mittagessen). Da machen Werkstattbesuche wirklich Spaß. 

Nach dem Abendessen schlendern wir durch den Park zum Bus zurück, als wir laute Musik in der Ferne hören. In einem großen Freiluft Restaurant findet eine Hochzeit statt. 
Wir stehen ein paar Minuten stauend am Zaun und beobachten die mindestens 500 Gäste wie sie sich an den üppigen Speisen laben, die Gläser heben und zur Live-Musik tanzen. Gerade als wir wieder aufbrechen wollen werden wir von einem Gast herein gewunken. Er stapelt Hühnchenkeulen und Bratenstücke auf zwei Teller und heißt uns herzlich willkommen. Nun sind wir mittendrin im Geschehen: ein Gast nach dem anderen will mit uns anstoßen und schenkt uns Wodka ein. 



Ich halte mich unauffällig zurück und nippe immer nur ein bisschen am Glas. Danny hingegen genießt es in vollen Zügen und kippt den Schnaps so hemmungslos hinunter als wäre er ein echter Russe. Nach ein paar Tanzeinlagen und einem Besuch auf der Bühne bringe ich meinen schwankenden Mann in’s Bett. Spätestens am nächsten Morgen wird ihm auch klar dass durch seine Adern kein sowjetisches Blut fließt. 



Den folgenden Tag verbringen wir mit ein bisschen Sightseeing. Auf dem Bazar kaufen wir frische koreanische Salate und picknicken auf dem Gehweg vor einer Moschee. Dort laufen uns zwei alte Bekannte über den Weg: Christel und Yannik. Die beiden sind mit dem Fahrrad aus Frankreich hierher gefahren. Wir haben sie bereits in Teheran vor der Usbekischen Botschaft getroffen und damals mit ihnen die geschenkten Nüsse und Datteln geteilt. 
Unglaublich dass sie genauso lange nach Samarkand gebraucht haben wie wir. Um genau zu sein sind die beiden fast auf den Tag genau so lange unterwegs wie wir - nur eben mit dem Fahrrad. Allerdings sind sie per Anhalter durch die Turkmenische Wüste gefahren und haben auch die Strecke nach Samarkand auf einem Pickup zurück gelegt - ein bisschen Schummeln ist ja erlaubt. Wir haben die größte Hochachtung vor den beiden und bieten ihnen eine Mitfahrgelegenheit nach Tashkent für den nächsten Tag an. 



Die letzte Nacht in Samarkand campieren wir zusammen, direkt vor dem Mausoleum Timur des Großen. Doch unsere Schlafplätze könnten unterschiedlicher nicht sein: während wir in unserem 1,40m breiten Luxusbett, hinter verschlossenen Türen nächtigen, rollen die beiden hartgesottenen Franzosen ihre Isomatten auf dem Gehweg aus und schlafen einfach unter freiem Himmel. Überhaupt sind die beiden äußerst bescheiden unterwegs: Sie geben nie mehr als 5$ pro Tag aus, Christel ist mit einem Fahrrad unterwegs dass sie mit 14 von ihrem Opa geschenkt bekommen hat und das Gepäck ist auch sehr knapp bemessen. Wirklich bewundernswert, aber tauschen möchten wir nicht. 



Am nächsten Morgen schnallen wir ihre Drahtesel auf’s Dach, schmeißen ihr Gepäck in den Kofferraum und machen uns zu viert auf nach Tashkent. Es ist eine lange, heiße Fahrt durch die Steppe und wir sehnen uns alle nach einem Sprung in’s kühle Nass. Auf der Landkarte entdecke ich einen kleinen See westlich von Tashkent, den es nun zu finden gilt. 
Nach einigem Hin- und Her, Gefrage und Gekurve können wir das verheißungsvolle Blau zwischen den Wiesen durchblitzen sehen. Doch ein wütender Bauer versperrt uns den Feldweg: er schreit und fuchtelt und irgendwie ist uns klar dass wir hier nicht Baden gehen werden… 


Wir fragen die Leute an der Straße wo wir Abkühlung finden können und ein rundlicher Melonenverkäufer springt in sein Auto und weißt uns den Weg - zu einem Angel-Weiher. Hier darf man zwar bis an’s Wasser, aber nur um Fische zu fangen. Baden strengstens verboten! Der Betreiber des Kiosk versucht für uns den Pool eines Bekannten klar zu machen, aber der ist anscheinend gerade selber am Schwimmen und hat verständlicherweise keine Lust auf Touristen. 
Dann wird uns ein Kanal vorgeschlagen in dem man Baden kann. Da der Weg dorthin recht kompliziert ist erklärt sich ein Angler bereit uns zu begleiten. Wir können es kaum mehr erwarten endlich in’s Wasser zu hüpfen. 
Am Badeplatz angekommen wartet allerdings schon die nächste Enttäuschen, zumindest auf Christel und mich. Hier planschen bereits ein paar Badegäste - ausschließlich männlicher Natur. Alle gaffen uns an und warten gespannt darauf dass wir unsere Kleider vom Leib reißen. Wir begnügen uns damit die Füße in’s Wasser zu hängen und unseren Jungs beim Planschen zuzuschauen. 



Etwas weiter Kanal-abwärts finden wir später einen schönen ruhigen Stellplatz für Knut und das Zelt der Radler. Zwei dickbauchige, pensionierte Polizisten sitzen am Ufer und genehmigen sich gerade ihre zweite Flasche Cognac als wir unser Lager aufschlagen. Sie beteuern immer wieder dass wir die allerersten Ausländer sind die hier auftauchen und sie sich darüber wahnsinnig freuen. Falls wir irgendwelche Probleme haben sollten, wir müssen sie nur anrufen, immerhin waren sie ja mal bei der Polizei.
Als wir fragen wo der nächste Supermarkt zu finden ist wird nicht lange gefackelt: die sternhagelvollen Herren setzen sich in ihren LADA und kutschieren Danny zum Einkaufen in’s nächste Dorf. Ich bin schon sehr erleichtert als er eine halbe Stunde später wohl behalten, mit frischem Fleisch und Gemüse zurück kommt. Wir schmeißen den Grill an und machen uns ein leckeres Abendessen. 



Am Tag darauf verabschieden wir uns wieder von unseren französischen Freunden. Die beiden müssen auf direkte Weg weiter nach Kasachstan, wir möchten noch ein paar Tage an einen Bergsee östlich von Tashkent verbringen. Nach den vielen Tagen in Städten sehnen wir uns nach Bergen, Ruhe und Natur. 



Der See ist traumhaft schön: glasklares Wasser, Berge wo man hinschaut und Baden kann man auch. Nur das mit der Ruhe hatten wir uns etwas anders vorgestellt. Kaum stellen wir Knut am Strand ab kommt auch schon ein aufgeregter älterer Herr auf uns zu:



„Guten Tag und herzlich willkommen! Sie sind aus Deutschland, ja? Ich bin der Dorflehrer und habe hier 30 Jahre lang Deutsch unterrichtet. Seit 20 Jahren habe ich keine Deutschen mehr getroffen und konnte meine Sprache nicht üben. Ich bete jeden Tag zu Allah damit er mir Deutsche Freunde schickt und jetzt sind sie hierher gekommen. Sie beide sind ein Geschenk des Himmels! Das müssen wir feiern!“ 

Wer rechnet denn mit so was? Wir ganz bestimmt nicht! Im allerletzten Bergdorf stoßen wir auf diesen unheimlich freundlichen Menschen der Tränen der Rührung in den Augen hat weil er sich endlich wieder mit Deutschen unterhalten kann. 
Wir laden ihn um Essen ein, teilen mit ihm unser Bier und die letzten Schlückchen Wodka. Er trägt ein Gedicht nach dem anderen vor, immer einleitend mit dem Satz „Der berühmte Deutsche Dichter … schrieb einmal:“ Seine Euphorie ist kaum zu bändigen. Erst als er Danny auch noch im Schach geschlagen hat und der Wodka ihm zu Kopf steigt verabschiedet er sich mit dem Versprechen sich auch morgen um uns zu kümmern. 

Anscheinend hat ihm der Alkohol ziemlich zugesetzt, denn am nächsten Tag ist er sehr zurückhaltend, murmelt etwas von Kopfschmerzen und dass er erst am späten Nachmittag zurück kommt, dann aber hat er eine Überraschung! 

Wir verbringen einen sehr entspannten Tag am See, gehen Schwimmen, Lesen und Dösen vor uns hin. Bis der Lehrer wie versprochen um 17:00 zum Bus zurück kehrt und uns mit einer Katamaran-Fahrt überrascht. Er habe das Boot von einem Freund geliehen, da hinten am Ufer steht es für uns bereit. Das ist nun wirklich eine tolle Sache!
Als wir uns dem Boot nähern wird uns allerdings klar dass ein usbekischer Katamaran nichts mit dem zu tun hat was wir darunter verstehen…



Tretboot Fahren macht aber auch Spaß! Mit der gefunden Mütze auf dem Kopf fühlt sich Danny wie ein echter Schiffs-Kapitän und wir Stampfen volle Kraft voraus über den See. Nach dieser sportlichen Einlage werden wir auch noch von einer lustigen Gruppe Männern mit Plov versorgt. (Plov ist das usbekische Nationalgericht; eine Reispfanne mit wenig Gemüse und viel Fleisch). 



Am nächsten Tag müssen wir uns leider schon wieder vom Dorflehrer verabschieden. Zum Abschied schenken wir ihm ein Foto und ein selbst geschriebenes Gedich, bevor wir uns letztendlich vom Acker machen und den traurigen Herrn zurück lassen. 



Auf dem Weg zur kasachischen Grenze werden wir mal wieder von der Polizei aufgehalten. Das passiert eigentlich jeden Tag den wir auf der Straße unterwegs sind. Überall gibt es Verkehrskontrollen, Checkpoints oder Geschwindigkeitsmessungen. Dieses mal wurden wir anscheinend geblitzt. Der Polizist sagt „machine, Boing“ womit er wohl meint unser Auto sei so schnell unterwegs wie das besagte Flugzeug. Wir lachen herzlich darüber, erklären dass wir gerade mal 70 gefahren sind und außerdem keine Dollar haben. Letztendlich gibt er auf und winkt uns weiter. Genau wie bei all den Kontrollen davor und danach auch.

Endlich an der Grenze angekommen werden wir von einer Straßensperre gestoppt. Es heißt der Grenzübertritt sei für unbestimmte Zeit für Autos geschlossen. Wir müssen zu einem andern Grenzposten 100km weiter im Westen fahren. 
Prinzipiell kein Problem, nur haben wir fast keinen Diesel mehr im Tank. Auch das ist in den meisten Ländern kein Problem, aber in Usbekistan kann es uns in echte Schwierigkeiten bringen. Im Land gibt es so gut wie keinen Diesel zu kaufen, zumindest nicht auf legalem Weg. Wenn man Glück hat findet man auf dem Schwarzmarkt billigsten Diesel abgefüllt in Plastikflaschen, aber auch das ist nicht garantiert. 
Wir hatten vorsorglich 80l Treibstoff in Kanistern dabei. Als die fast aufgebraucht waren haben wir einen Iranischen LKW-Fahrer an der Raststelle um Diesel angehauen, den er uns bereitwillig aus seinem Tank abgepumpt hat. (Unser „my love Iran“ Aufkleber hat uns in dem Fall gute Dienste geleistet.) 



Mit dem letzten bisschen Diesel zittern wir uns also zum geöffneten Grenzübertritt und starren die ganze Zeit auf die Tanknadel. Kurz vor Reserve erreichen wir das erste Grenztor und stellen den Motor ab. Dort stehen wir dann auch erst mal ne ganze Weile in der brütenden Hitze und warten. Wieso uns niemand das Tor aufmacht ist nicht zu erkennen. Es sind keine Autos im Abfertigungsbereich, alle Zöllner hängen müde und gelangweilt auf ihren Stühlen rum, die Drogenhunde machen ein Nickerchen… aber wir müssen trotzdem fast zwei Stunden schwitzen bevor wir eingelassen werden.
Auf usbekischer Seite wird das Auto sehr oberflächlich durchsucht, alle Dokumente werden problemlos gestempelt und wir können nach 20 Minuten vor die Kasachischen Tore fahren. Dort warten wir zusammen mit einer Gruppe Schweizer die mit der „Mongol Rallye“ unterwegs sind auf Einlass. Ziel dieser Rallye ist es so schnell wie möglich von London in die Mongolei zu kommen. Der Rekordhalter hat die Strecke in gerade mal 5 Tagen zurück gelegt. Der Sinn einer solch rasanten Fahrt entzieht sich unserer Vorstellungskraft… Die Jungs und Mädels machen auf uns einen ziemlich gestressten Eindruck und die Wartezeit an der Grenze setzt sie offensichtlich sehr unter Druck. Wieder einmal sind wir sehr froh um die viele Zeit die wir haben und möchten um nichts in der Welt tauschen. 

Nach einer geschlagenen Stunde dürfen wir endlich nach Kasachstan einreisen. Diesmal wird Knut nicht nur von einem Zöllner durchsucht, wir müssen ihn auch noch in einem riesengroßen Röntgenapparat abstellen wo er durchleuchtet wird. Dann endlich, nach  4 Stunden an der Grenze, befahren wir zum ersten mal kasachischen Boden. 

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