Türkei / Tag 25 bis 44 - the end of the road
Das erwartete Päckchen mit den Pässen ist ganze acht Tage unterwegs gewesen. Nachdem wir den Campingplatz - auf dem wir anfangs standen - aus Budget-technischen Gründen verlassen mussten, haben wir uns nach alternativen Stellplätzen umgesehen und sind bei einem hübschen Strand-Cafe gelandet. Die Touristen-Saison beginnt hier erst im Juni, somit war absolut tote Hose. Wir durften kostenlos auf dem Parkplatz direkt am Strand schlafen und Abends sogar die Duschen benutzen.
Gleich am ersten Abend wurden wir zu einem wahren Festmahl eingeladen, wobei auch gleich unsere Raki-Trink-Festigkeit getestet wurde. Fazit: in uns passt ne Menge rein, aber bis wir in der türkischen Raki-Bundes-Liga angekommen sind müssen wir noch etwas üben! Die Tisch-Gesellschaft war auf jeden Fall erstklassig: ein türkischer Lyriker der wegen seiner kritischen Gedichte in den 80er Jahren acht Jahre hinter Gitter verbringen musste; ein Dokumetar-Film-Produzent; ein Kameramann und ein Bautechniker - der ebenfalls in politischer Haft war -und danach viele Jahre in Deutschland lebte. Eine sehr lustige, aufgeschlossene Runde!
In den folgenden Tage wanderten wir über die schöne Insel, machten Ausflüge in das malerische Dorf, lagen am Strand rum und fütterten die Ziegen des Cafés.
Sükru, der Koch des Ladens, brachte uns ein paar türkische Rezepte bei und zeigte uns wie hier Hühnerställe repariert werden. Dazu benötigt man nur ein altes Fischernetz, ein paar Holzlatten und eine Menge rostiger Nägel; mit viel Geduld und Spucke wird aus einem Bretterverschlag ein Hochsicherheits-Areal für fluchtgefährdete Eierleger.
Wir haben die geselligen Tage im Café sehr genossen und es war wieder einmal unglaublich mit wie viel Gastfreundlichkeit wir überhäuft wurden. Ausgestattet mit Crew-T-Shirts des Strand Cafés, selbst gemachten Armbändchen und einem Fan-Schal des Izmir Fussballclubs „Götztepe“ verabschiedeten wir uns nach 4 entspannten Tagen wieder von unseren neuen Freunden, um endlich unser Paket abzuholen.
Unser nächstes Ziel war Selcuk, gut 230km südlich von Ayvalik, eigentlich wollten wir noch am selben Tag dort ankommen. Wir kamen aber gerade mal bis zum nächsten Supermarkt, wo wir Monique und Eugen kennen lernten, die uns kurzerhand zu sich nach Hause einluden. Die beiden haben in ihrem Leben schon so manche Fernreise mit ihrem Unimog unternommen und leben seit 10 Jahren in der Türkei. Die Gelegenheit mit zwei alten Reise-Hasen zu plaudern konnten wir uns freilich nicht entgehen lassen - außerdem lockte uns das Angebot einer heißen Dusche und einer Waschmaschine :-) Der Abend mit den beiden war super; es gab geschmuggelte Wiener-Würste mit Senf, ne Menge Bier und hausgemachten Rumpunsch, begleitet von lustigen und interessanten Gesprächen über das Reisen, die Türkei und das Leben an sich.
Am nächsten Tag haben wir es tatsächlich geschafft mal wieder ein paar Kilometer hinter uns zu legen und sind bis nach Selcuk gekommen. Dort liegt Ephesos, die größte und beeindruckendste Ausgrabungsstätte in der Türkei - das zumindest versprach mir der Reiseführer. Nach unserem Troja-Debakel war es auch wirklich an der Zeit für ein echtes antikes Highlight. Danny war leider nicht mehr davon zu überzeugen mitzukommen, er hat für alle Ewigkeit die Nase voll von alten Steinen.
Also bin ich alleine extra früh aufgestanden um noch vor den Touristen-Scharen die Ausgrabungen von Ephesos zu besichtigen. Als ich in der Morgensonne ganz alleine im riesigen Amphitheater saß und mir die Gladiatoren-Kämpfe vorstellte, umgab mich tatsächlich ein zarter Hauch antiker Mystik. Ephesos ist wahrlich beeindruckend und das frühe Aufstehen hat sich ausgezahlt. Ich für meinen Teil bin auf jeden Fall versöhnt mit archäologischen Funden.
Danny checkte in der Zwischenzeit das Auto durch und erwartete mich mit einer sehr unerfreulichen Nachricht: das sporadische Flackern der Brems-Kontroll-Leuchte war wohl doch kein Wackelkontakt gewesen! Es sollte uns mitteilen dass die hinteren Bremsbeläge abgefahren waren.
Zu so einem frühen Zeitpunkt hatten wir nicht mit Reparaturen gerechnet, schienen die Bremsen bei der Abfahrt doch noch in Ordnung gewesen zu sein. Andererseits gibt es wohl kaum ein besseres Land als die Türkei um das Auto reparieren zu lassen.
In jeder größeren türkischen Stadt gibt es ein Werksatt-Gelände, auf dem man von der Autowäsche über Fensterfolie bis zu neuen Bremsen alles bekommen kann. Man fährt einfach hin, sucht sich eine Werkstatt aus, erläutert das Problem und schon wird das Auto aufgebockt - ganz ohne Anmeldung oder Wartezeit, das nenne ich Service! Leider waren nicht nur die Bremsbeläge abgefahren, sonder auch die Bremsscheiben kaputt - wir haben die Kontroll-Leuchte wohl zu lange ignoriert.
Dem entsprechend wurde es eine viel größere Reparatur als erwartet, die uns am Ende aber glücklicherweise gerade mal 280€ kostete. Inklusive Bremsbeläge, Bremsscheiben und 6 Arbeitsstunden. In Deutschland hätten uns allein die Ersatzteile mehr gekostet.
Wir haben die Gelegenheit gleich noch genutzt um Knut eine coole, dunkle Fensterfolien-Sonnenbrille aufzusetzen. Jetzt sind wir etwas besser gegen die aufkommende Hitze gewappnet und keiner kann mehr reinglotzen.
Die Jungs von der Werkstatt bestanden darauf aus Knut einen echten Türken zu machen und klebten ihm einen Kemal Atatürk-Aufkleber auf die Heckscheibe. Seitdem werden wir auf der Straße noch häufiger angehubt und gegrüßt :-)
Nächste Station war der See „Bafa Gölü“ der uns von Brigitta und Norbert wärmstens empfohlen wurde. Die wunderschöne Berg-Landschaft sahen wir bei unserer Ankunft nicht mehr, es war schon spät abends und stockdunkel. Nur den See konnten wir wahrnehmen - denn er stank bis zum Himmel! Norbert hatte uns in einer mail schon gewarnt, dass die Algenblüte dieses Jahr extrem sei und der See ein etwas muffiges Aroma angenommen hatte. Aber mit so einem bestialischen Gestank hatten wir nicht gerechnet. Die Moder-Schwaden wehten vom See her bis hoch in die Berge, so dass wir selbst auf Wandern keine Lust mehr hatten. Am nächsten Mittag hatten wir die Nase gestrichen voll und machten uns wieder aus dem Staub, sehr schade dass wir ausgerechnet zur Algenexplosion dort waren, die Gegend ist an sich wirklich bezaubernd.
Mittlerweile sind wir an der türkischen Mittelmeer-Küste angekommen und suchen zwischen den großen Touristen-Orten nach Stränden ohne Party-Booten und Jetskis. 2 Tage standen wir an einem kleinen Strand südlich von Fethiye der am Wochenende von Horden picknickender Familien besucht wird.
Man kennt das Szenario von unseren heimischen Badeseen; zwischen Köfte-Schwaden und gegrilltem Fisch lässt es sich nur bedingt entspannt Sonnen-Baden. Gut dass wir auf unserer Wanderung entlang der Klippen eine wunderschöne Bucht fanden die wir praktisch für uns alleine hatten. Es lässt sich schon gut aushalten hier ;-)
Vorgestern sind wir die Küstenstraße weiter Richtung Süden gefahren. Vorbei an Fethiye und Öludeniz, bis zum „Butterfly-Valley“. Dort wurden Teile des letzten James-Bond Film gedreht - wir wissen jetzt auch wieso. Das grüne Tal, zwischen steilen Klippen gelegen und gesäumt von einem Sandstrand, ist wirklich filmreif.
Anders als die meisten Touristen gelangten wir nicht mit dem Boot in die Bucht, sondern kletterten über einen halsbrecherischen Wanderweg die Klippen hinunter. Der steile Weg steht einem alpinen Klettersteig in nichts nach, einziger Unterschied ist der Mangel an Sicherungen.
Die Kletterpartie hat sich aber absolut gelohnt! Der Strand ist wunderschön zum Baden und am hinteren Ende des Weges kann man sich unter einem Wasserfall erfrischen.
Das Tal ist nach den seltenen Schmetterlingen benannt die hier angeblich zu tausenden umherflattern - wir haben leider nur ganz wenige gesehen, scheinbar schlafen die alle noch in ihren Kokons die überall an den Felsen hängen.
Auf der Suche nach einem Stellplatz fuhren wir abends die Küstenstraße immer weiter Richtung Süden. Laut unserer Karte führt sie nach Patara, unserem nächsten Etappenziel. Aber irgendwo zwischen Öludeniz und Butterfly-Valley haben wir anscheinend eine Abzweigung übersehen, denn ganz plötzlich hörte die Straße einfach auf: Schluss, Sackgasse, end of the road.
So sind wir hier in Kabak gestrandet, einem kleinen Örtchen am Ende der Straße, auf wenigen Karten zu finden und vielleicht gerade deshalb ein übrig gebliebenes Paradies an der sonst vom Tourismus überrollten Mittelmeerküste. In den 70er Jahren war das Dorf eine richtige Hippie-Kommune und ein bisschen was von diesem Flair ist noch heute zu spüren.
Von unserem Stellplatz oben im Dorf steigen wir 20 Minuten zum Strand ab, vorbei an hübschen kleinen Bungalow Anlagen, Goa-Partys und improvisierten Bars die uns sehr an Thailand erinnern.
Wir befinden uns im absoluten Relax-Modus; jetzt wo wir am Ende der Straße angekommen sind, haben wir keine rechte Lust mehr weiter zu fahren. Wahrscheinlich bleiben wir erst mal ein paar Tage hier, baden, wandern, trinken Tee…
Wahrscheinlich, denn wer weiß schon was morgen passiert!
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